Bei fast allen technischen Innovationen ist ein klarer Weg erkennbar. Zwar braucht es zwischen der Erfindung und der Vorstellung eines weitestgehend ausgereiften Produktes häufig viele Jahre oder gar Jahrzehnte. Nur ganz selten jedoch erweist sich eine Idee quasi auf halber Strecke als Sackgasse, die von Industrie und Forschung nicht länger verfolgt wird.
Die Magnetschwebebahn ist ein Beispiel dafür. Gerne wird auch der Zeppelin genannt – doch mit dem neuen Konzept von Hybrid Air Vehicles Ltd. und Design Q könnte die Geschichte doch noch eine unerwartete Wendung erfahren.
Wenn ein einzelnes Datum die Weltgeschichte verändert
Was für die Atomenergie die Reaktorunfälle von Tschernobyl und Fukushima waren, war für die Erbauer von Luftschiffen die Katastrophe von Lakehurst. In den 1930er Jahren waren deutsche Unternehmen führend in der Entwicklung von Luftschiffen, denen weltweit größte Bewunderung entgegengebracht wurde. Für eine wirklich ungefährliche Reise hätte man den Ballon allerdings mit dem unbrennbaren Edelgas Helium befüllen müssen. Da es in Deutschland zu dieser Zeit keine Bezugsquellen für Helium gab und es aufgrund der Nazi-Herrschaft nicht importiert werden konnte, mussten die Zeppeline mit dem entzündlichen Wasserstoff befüllt werden. Bei einer Fahrt ins nordamerikanische Lakehurst genügte dann eine statische Aufladung, um das Luftschiff „LZ 129 Hindenburg“ am 6. Mai 1937 vollkommen zu zerstören. Obwohl es wie durch ein Wunder nur wenige Opfer gab, schien die Geschichte der Luftschiffe damit zu Ende zu sein.
Jahrzehnte später
Wenn man ein totes Pferd reitet, sollte man bekanntlich absteigen. Bei Luftschiffen war und ist die Sache aber nicht ganz so einfach, denn eigentlich fehlt der triftige Grund, um die Idee komplett zu begraben. Zwischenzeitlich hat das Unternehmen „Cargolifter“ den Ansatz verfolgt, Luftschiffe für den Transport großer, schwerer Frachten zu nutzen (und ist damit krachend gescheitert). In Friedrichshafen am Bodensee bietet ein Unternehmen Rundflüge im Zeppelin an. Seit Jahrzehnten hat aber niemand mehr ernsthaft darüber nachgedacht, dass ein Luftschiff auch eine entspannte Möglichkeit für Fernreisen sein kann. Das nun vorgestellte Projekt der britischen Kooperation könnte also der Startschuss für eine echte Revolution werden.
Der Airlander 10
Keine halben Sachen! Sicher hatten die Konstrukteure und Designer dieses Luftschiffs, bzw. vorerst Konzeptes, die historische Messlatte vor Augen. Zeppeline waren einst die Könige der Lüfte, also war der Anspruch hier ebenso groß. Dieses Luftschiff musste also alle Annehmlichkeiten eines modernen Jumbojets bieten, diese aber noch zu toppen wissen. Zwei wesentliche Faktoren spielten den Erbauern dabei in die Hände: Erstens dient der Airlander 10 nicht als Verkehrsmittel für Menschenmassen, sondern bietet Platz für maximal 19 Passagiere plus Crew. Zweitens fliegt das Luftschiff auf deutlich niedrigerem Niveau als ein Flugzeug und muss daher nicht derart kälte- und druckresistent sein wie ein Verkehrsflugzeug. Darum konnten die Designer nicht nur solch nette Spielereien wie verglaste Bereiche des Fußbodens einbauen, sondern den Passagieren sogar große, moderne Kabinen anbieten.
Im Hinblick auf das Design versuchte man übrigens gar nicht erst, irgendwelche Entwürfe aus der großen Zeit der Luftschifffahrt zu kopieren. Stattdessen orientierte man sich an modernen Vorstellungen und Ansprüchen. Das Ergebnis ist freilich nicht minder elegant. Man darf gespannt sein, ob künftig wieder mehr Menschen auf diese entspannte, entschleunigte Art durch die Lüfte reisen werden.
Mehr Infos: Design Q
MR. GOODLIFE